Zur Frage des Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses bei Beschlagnahme LKW wegen Schmuggel

OLG München, Urteil vom 01.06.2011 – 7 U 5611/10

Beschlagnahme des LKW kein unabwendbares Ereignis, wenn dem LKW-Fahrer bekannt ist, dass er Schmuggelware befördert

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.11.2010, Az. 10 HK O 12420/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Transportschaden geltend.

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Die e.-p. GmbH beauftragte am 05.02.2008 die Fa. R. F. Logistics GmbH & Co. KG mit der Durchführung eines Transports von 2 Partien Gasgebläse von ihrem Lager in L. nach Worcester und Chelmsford, Großbritannien. Die R. F. Logistics GmbH & Co. KG vergab den Transport für die Strecke von Kirchheim/Heimstetten bis Großbritannien an die Klägerin, die bis 26.05.2009 unter dem Firmennamen R. H. Limited firmierte (vgl. Anlage K 1), weiter, die ihrerseits die Beklagte als weitere Unterfrachtführerin mit dem Transport beauftragte. Letztere setzte den Fahrer E. F. ein, der die Ladung von 17 Europaletten für die B. Thermotechnology Ltd./Worcester (Anlage K 8, K 9) und 2 Europaletten für die e.-p. UK Ltd./Chelmsford (Anlagen K 10, K 11) übernahm und die CMR Frachtbriefe jeweils vorbehaltlos unterzeichnete.

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Der Warenwert der Gasgebläse betrug ausweislich der Handelsrechnungen GBP 31.680,90 und 1.754,88 Euro (vgl. Anlage K 12)

4

Der Fahrer fuhr nicht direkt nach Großbritannien, sondern hielt an einem Lagerhaus in Aartsela in Belgien. Dort wurden 103 kg Heroin in den von der Beklagten eingesetzten LKW geladen. Das Lagerhaus wurde von der Polizei überwacht und der Zwischenstopp des Fahrers auf Video aufgenommen. Der Fahrer fuhr anschließend weiter nach Großbritannien und wurde dort am 07.02.2008 mit zwei weiteren Beteiligten verhaftet. Der Sattelzug samt Ladung wurde beschlagnahmt.

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Im Rahmen des Strafverfahrens in England erklärte der Fahrer, dass er vom Beladen des LKW mit Schmuggelware Kenntnis hatte (vgl. Anlage K 14), behauptete jedoch, nicht gewusst zu haben, dass es sich hierbei um Heroin gehandelt habe. Der Fahrer wurde nicht wegen Heroinschmuggels verurteilt.

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Die Ladung befand sich ca. 1 Jahr in Gewahrsam der Polizei in Großbritannien als Tat- und Beweismittel.

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Zwischen der Klägerin, ihrer Auftraggeberin und den beteiligten Versicherungen wurde ein Schaden in Höhe von 25.000,00 Euro festgelegt. Die Versicherung der Klägerin, die R. and S. A. Insurance Plc. (nachfolgend R&SA), leistete Zahlungen an die R. F. Logistics, die Auftraggeberin der Klägerin.

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Die Klage wurde zunächst gem. Klageschrift von zwei als Klägerinnen aufgeführten Gesellschaften, nämlich der R. Logistics Limited (Klägerin zu 1)) und der R. H. Limited (Klägerin zu 2)) erhoben. Mit Schriftsatz vom 16.06.2010 „berichtigte“ die Klägerseite ihre Klage dahingehend, dass Klagepartei nur die Klägerin zu 1) sei. Die als Klägerin zu 2) ausgewiesene R. H. Limited sei irrtümlich benannt worden, tatsächlich habe es sich um ein und dieselbe Gesellschaft gehandelt, die lediglich seit 27.05.2009 unter der Bezeichnung der Klägerin zu 1) firmierte. Die Beklagte widersprach der begehrten Rubrumsberichtigung, sah darin vielmehr eine Klagerücknahme und stimmte ihr bei Beantragung der Kostenauferlegung auf die Klägerin vorsorglich zu.

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Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 25.000,00 Euro. Sie lässt vortragen, es sei Totalschaden an der Ware entstanden und aufgrund der langen Dauer der Beschlagnahme gelte die Ware zudem als verloren. Sie ist der Ansicht, die Beklagte hafte aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Frachtvertrag gem. Art. 17, 19, 20, 23, 25, 30 CMR. Die Beschlagnahme der Ware sei für die Beklagte kein unabwendbares Ereignis gewesen. Die Beklagte könne sich angesichts des vorsätzlichen Verhaltens ihres Fahrers, das ihr zuzurechnen sei, bei der Übernahme des Heroin/bzw. des Schmuggelguts nicht auf eine Haftungsbegrenzung berufen. Ansprüche seien nicht verjährt und die Beklagte sei rechtzeitig haftbar gemacht worden.

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Die Klägerin beantragte in erster Instanz:

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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

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Die Beklagte beantragte in erster Instanz:

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Klageabweisung.

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Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Eine Haftung scheitere auch daran, dass der Fahrer von dem Vorwurf des Heroinschmuggels freigesprochen worden sei. Die Beschlagnahme stelle für die Beklagte ein unabwendbares Ereignis dar.

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Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 25.000,00 Euro verurteilt. Es bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin und stellte insbesondere fest, dass durch die Leistung der klägerischen Versicherung R&SA an ihre Auftraggeberin, die Firma R. F. Logistics, ein gesetzlich geregelter Forderungsübergang nach englischem Recht, das anzuwenden ist, nicht stattgefunden habe. Die Klägerin sei somit Forderungsinhaberin geblieben. Ihr stehe der Anspruch aus Art. 17 Abs. 1, 20 Abs. 1, 23 CMR zu. Da die Ware nicht binnen 60 Tagen abgeliefert worden sei, gelte sie als unwiderlegbar verloren. Ein unabwendbares Ereignis läge nicht vor, dem Fahrer der Beklagten sei zumindest bekannt gewesen, dass er Schmuggelware an Bord genommen habe. Dies sei für den Schaden kausal gewesen und das Handeln des Fahrers sei der Beklagten zuzurechnen. Da der Fahrer vorsätzlich gehandelt habe, komme auch eine Haftungsbegrenzung nicht in Betracht. Der Klägerin sei der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden. Da die Verjährungsfrist 3 Jahre betrage, seien Ansprüche nicht verjährt. Das Landgericht sah in der Klageerhebung auch durch die R.H. Limited ein Versehen. Da es sich um die vormalige Firmierung der Klägerin zu 1) gehandelt habe, verneinte es eine Klagerücknahme diesbezüglich und berichtigte das Rubrum entsprechend.

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Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die nunmehr vortragen lässt, die Aktivlegitimation der Klägerin sei nicht nachgewiesen, ein Vertragverhältnis zwischen den Parteien habe nicht bestanden. Sie, die Beklagte, habe deshalb mit der R. H. Ltd. abgerechnet (vgl. Anlage BK 1). Auch wenn die Klägerin aktivlegitimiert sein soll, stünde ihr der Anspruch nicht zu, da er auch nach englischem Recht auf die Versicherung übergegangen sei. Die Höhe des Schadens sei nicht nachgewiesen, die Ware sei der e.-p. unbeschädigt zurückgesandt worden. Sie, die Beklagte, sei auch nicht binnen 21 Tagen haftbar gemacht worden. Außerdem seien Ansprüche gegen sie verjährt.

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Das Landgericht habe auch die Rechtslage bezüglich der ursprünglich auch von der R. H. Limited erhobenen Klage fehlerhaft beurteilt, die Klage der Klägerin zu 2) hätte – da eine Klagerücknahme nicht erfolgte und die Voraussetzungen einer Rubrumsberichtigung nicht vorlagen – als unzulässig abgewiesen werden müssen.

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Die Beklagte beantragt in zweiter Instanz:

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I. Das Urteil des LG München I vom 26.11.2010, Az: 10 HK O 12420/10, wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

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II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

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Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

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Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht aus sachlich und rechtlich zutreffenden Gründen den Anspruch zuerkannt hat. Die Aktivlegitimation sei vorliegend gegeben, die Firma R. H. Limited, mit der die Beklagte den Transportauftrag geschlossen habe, firmiere nunmehr als R. Logistics Limited, sie sei deshalb Anspruchsinhaberin. Das Landgericht habe zutreffend das Rubrum – wie von ihr beantragt – berichtigt. Die weiteren von der Beklagten vorgebrachten Einwände seien entweder verspätet oder nicht durchgreifend. So sei der Anspruch nicht auf die Versicherung übergegangen, läge Totalverlust der Ware, die mehr als ein Jahr später an die Absenderin zurückgeliefert worden sei, vor und sei angesichts des schweren, der Beklagten zurechenbaren Verschuldens ihres Fahrers Verjährung nicht eingetreten.

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Zur Ergänzung wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen in erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

24

Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich in der Sache als nicht erfolgreich. Zu Recht hat das Erstgericht der Klägerin den geltend gemachten Anspruch in Höhe von 25.000,00 Euro zuerkannt.

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I. Aktivlegitimation

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1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Soweit die Beklagte vortragen lässt, sie sei zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin mit dem Transport beauftragt worden, sie habe ausweislich der als Anlage BK 1 vorgelegten Rechnung den streitgegenständlichen Transport mit der R.H. Limited abgerechnet, dringt sie nicht durch. Zum einen kann ihr diesbezüglicher Vortrag erstmals in der Berufungsinstanz als verspätet gewertet werden. Außerdem hat die Klägerin ausreichend dargetan, dass die ursprünglich als R. H. Limited firmierende Gesellschaft ab dem 27.05.2009 als R. Logistics Limited firmiert und es lediglich zu einer Umfirmierung/Namensänderung gekommen ist. Der als Anlage K 1 vorgelegte Handelsregisterausdruck reicht hierfür aus. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Vortrag der Klägerseite unrichtig ist, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Anspruchsinhaberin ist mithin die Klägerin, die R. Logistics Limited.

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2. Auch der Einwand der Beklagten ein Anspruch der Klägerin und ihre Aktivlegitimation scheitere bereits daran, dass nach Leistung der R& SA Versicherung der Anspruch auf diese übergegangen sei, führt nicht zum Erfolg. Unstreitig ist die Klägerin, eine englische Firma mit Firmensitz in England, bei einem englischen Versicherer, der R& SA mit Sitz in Manchester, versichert und hat letztere Versicherungsleistungen auf den vorliegenden Schadensfall erbracht. Damit beurteilt sich die Rechtsfolge der Auswirkungen des Eintritts der Versicherung für den Schaden nach englischen Recht. Zutreffend haben Landgericht und Klägerin festgestellt, dass nach englischem Versicherungsrecht ein gesetzlicher Forderungsübergang auf die Versicherung, wie es das deutsche Recht nach § 86 Abs. 1 VVG vorsieht, nicht geregelt ist. Nach englischem Versicherungsrecht geht der Anspruch des Versicherten gegen den Schädiger mit der Entschädigung durch den Versicherer nicht auf diesen über. Es gilt vielmehr grundsätzlich the doctrin of subrogation. Wird eine Klage aufgrund einer subrogation erhoben, ist der Versicherte Kläger. Er erlangt die Stellung der klagenden Partei, die das ihr zustehende Recht geltend macht. Der Versicherte ist auch nach einer Subrogation Rechtsinhaber, das Urteil wirkt für und gegen ihn, so dass der Urteilsbetrag an ihn zu zahlen ist bzw. er bei Klageabweisung die Kosten zu tragen hat. (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Auflage § 606 Rdnrn. 51, 53). Anhaltspunkte dafür, dass ein vertraglicher Forderungübergang vereinbart wurde oder aus anderen Gründen die Klägerin nicht mehr Forderungsinhaberin ist, liegen nicht vor und ergeben sich aus dem Beklagtenvortrag nicht. Die als Anlage K 5 vorgelegte Erklärung, die an die R&SA gerichtet ist und nicht von dieser abgegeben wurde, betrifft das vorliegende Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Versicherung, der R& SA, nicht, sondern bezieht sich auf die Beziehung zwischen der R&SA und der Firma R. F. Logistics, diese vertreten durch O. S. AG & Co. KG Assekuranz-Makler.

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II. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, haftet die Beklagte der Klägerin gem. Art. 17 Abs. 1, 20 Abs. 1, 23 CMR für den Schaden in Höhe von 25.000,00 Euro.

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1. Gemäß Art. 1 CMR ist für den vorliegenden Warentransport, bei dem es sich um einen Transport zu Lande handelt, von Deutschland nach Großbritannien CMR anwendbar.

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2. Die Beklagte als Frachtführerin der Klägerin (s.o.I.1.) haftet gem. Art. 17 Abs. 1 CMR grundsätzlich für den Verlust der Ware, sofern er zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien über den streitgegenständlichen Warentransport gegeben ist (vgl. Anlagen K 1, K 9, BK 1). Die Ware ist auch im Haftungszeitraum in Verlust geraten. Unstreitig wurde der LKW und seine Ladung durch die britische Polizei beschlagnahmt und ca. ein Jahr nicht herausgegeben. Aufgrund dessen kann der Verfügungsberechtigte, hier die Klägerin (Art. 12 CMR), ohne weiteren Beweis erbringen zu müssen, das Gut als verloren betrachten, Art. 20 Abs. 1 CMR. Nach herrschender Ansicht, der sich der Senat anschließt, stellt Art. 20 Abs. 1 CMR eine zugunsten des Verfügungsberechtigten im Sinne des Ersatzberechtigten unwiderlegliche Vermutung des Verlustes auf. Ein Ersatzanspruch wird dem Absender, der Zahlung verlangt, nicht dadurch entzogen, dass er sich das Gut selbst beschafft oder dass das Gut später beim Absender oder Empfänger abgeliefert wird (vgl. Koller, Transportrecht, 7. Auflage, Art. 20 CMR Rdnr. 1). Zudem ist ergänzend auf das als Anlage K 13 vorgelegte Schadensgutachten des Sachverständigen R. zu verweisen, der bei der Untersuchung des an die Versenderin Anfang Februar 2009 zurückgesandten Transportguts feststellte, dass die Ware nach nahezu einjähriger Dauer der Beschlagnahme technisch veraltet war und eine Aktualisierung der Gebläse als wirtschaftlich nicht vertretbar anzusehen ist.

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Wie das Erstgericht zutreffend ausführte war der Verlust des Transportguts für die Beklagte nicht unvermeidbar, Art. 17 Abs. 2 CMR. Unstreitig war dem Fahrer der Beklagten zumindest bekannt, dass er Schmuggelgut an Bord genommen hat, er hat zudem zum Zwecke der Beladung vertragswidrig in Belgien einen Zwischenstop eingelegt. Auch wenn der Fahrer E. F. bei seiner Vernehmung in England wahrheitsgemäß angegeben haben sollte, dass er nicht wusste, dass es sich um Heroin gehandelt habe, war ihm dennoch bewusst, dass er mit dem Transport von Schmugglergut eine Straftat begeht. Hätte der Fahrer die Ware nicht an Bord genommen, wäre es in England nicht zu der Beschlagnahme der gesamten Fracht und damit zum Verlust des Gutes gekommen. Diese Handlungskette stellt kein für die Beklagte unabwendbares Ereignis dar, zumal sie sich das Verhalten ihres Fahrers zurechnen lassen muss, Art. 3 CMR.

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3. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Haftungsbegrenzung, einen Haftungsausschluss nach Art. 29 Abs. 1, 2 S. 1 CMR berufen. Der von ihr eingesetzte Fahrer handelte in jedem Fall im Hinblick auf den von ihm vertragswidrig vorgenommenen Transport von Schmuggelgut vorsätzlich. Wie das Landgericht zutreffend ausführte, kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass der Fahrer – wie er bei seiner Vernehmung angab – nicht wusste, dass es sich hierbei um Heroin gehandelt habe. Der Fahrer hat selbst angegeben, er habe angenommen, dass er Zigaretten schmuggle. Dass der Fahrer wegen Heroinschmuggels durch das englische Gericht freigesprochen wurde, steht einer Beurteilung des Verhaltens des Fahrers als vorsätzlich nicht entgegen.

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4. Die Höhe des Schadens der Klägerin beträgt 25.000,00 Euro. Wie oben ausgeführt gilt angesichts des Zeitablaufs die Ware als verloren und kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, das Transportgut sei ein Jahr nach Beauftragung wieder beim Absender in unbeschädigten Zustand angekommen. Auf die obigen Ausführungen auch bezüglich des Zustands der Ware kann verwiesen werden. Zweifel an der Höhe des Schadens bestehen angesichts der vorgelegten Unterlagen (Anlagen K 4, K 5, K 6) und des hinreichend dargelegten Warenwerts (Anlage K 12) nicht.

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5. Einer Haftbarmachung der Beklagten steht auch – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht Art. 30 CMR entgegen. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind vorliegend offensichtlich nicht gegeben. Zum einen verkennt der Beklagte, dass die Ware unstreitig nie beim Empfänger angekommen ist – wie es Art. 30 CMR voraussetzt. Die Ware wurde nach der Beschlagnahme vielmehr an den Versender, die e.-p. L. GmbH, zurückgesandt. Schließlich findet auch Art. 30 Abs. 3 CMR keine Anwendung, da es vorliegend nicht um Schadensersatzansprüche wegen Überschreitens der Lieferfrist, sondern um den Verlust der Ware geht. Art. 30 CMR findet keine Anwendung, wenn der Geschädigte seine Ansprüche auf Totalverlust stützt (vgl. Koller, Transportrecht, 7. Auflage, Art. 30 CMR Rdnr. 1).

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6. Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf die Verjährung der Ansprüche berufen. Verjährung ist nicht eingetreten. Zutreffend hat das Erstgericht festgestellt, dass die Verjährungsfrist gem. Art. 32 Abs. 1 S. 2 CMR drei Jahre und nicht – wie die Beklagte meint – ein Jahr beträgt. Wie oben ausgeführt handelte der Fahrer im Hinblick auf das den Schadensersatzanspruch auslösende Ereignis vorsätzlich. Diesen Vorsatz muss sich die Beklagte nach Art. 3 CMR zurechnen lassen. Auch hier kann sich die Beklagte nicht erfolgreich damit verteidigen, ihr Fahrer sei des Schmuggels von Heroin freigesprochen worden. Verjährung war zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 03.11.2009 im Hinblick auf die Regelung zum Beginn der Verjährungsfrist gem. Art. 32 Abs. 1 b) CMR nicht eingetreten.

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7. Abschließend und lediglich der Vollständigkeit halber ist auch auf den Einwand in der Berufungsbegründung der Beklagten, wonach das Landgericht fehlerhaft Beweisangebote nicht berücksichtigt und benannte Zeugen nicht vernommen habe, einzugehen. Auch diese Rüge vermag nicht zu überzeugen. Zum einen hat die Beklagtenseite im Verfahren erster Instanz lediglich zwei Zeugen als Beweis angeboten. Einmal die Zeugin Daniela D. für die Behauptung, dass der Fahrer E. F. vom Vorwurf des Heroinschmuggels freigesprochen worden ist. Diese Behauptung ist unstreitig und damit war dem Beweisangebot der Beklagtenseite nicht nachzugehen. Zum anderen wird der Zeuge K. zu seiner Aussage im Ermittlungsverfahren als Zeuge angeboten. Auch dessen Vernehmung war wegen fehlender Relevanz nicht erforderlich, zumal die schriftlich protokollierte Aussage, deren Inhalt unstreitig blieb, als Anlage B 2 vorgelegt wurde.

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III. Zu Recht hat das Landgericht eine Klagerücknahme durch die Klägerin zu 2) verneint und eine Berichtigung des Rubrums vorgenommen. Unstreitig, bzw. hinreichend nachgewiesen, firmierte zum Zeitpunkt der Klageerhebung die (allein) Anspruchsberechtigte und Vertragspartnerin der Beklagten unter dem Namen der Klägerin zu 1). Die Umfirmierung entfaltete Wirksamkeit ab dem 27.05.2009 (vgl. Anlage K 1). Damit handelte es sich bei der Klägerin zu 1) und 2) um ein und dieselbe juristische Person. In der Klageschrift wurde versehentlich die Klägerin zu 2) noch aufgenommen, obwohl zu diesem Zeitpunkt eine Firma dieses Namens nicht mehr bestand. Eine Berichtigung ist möglich, wenn feststeht oder erkennbar ist, wer als Partei gemeint war und Interessen Dritter durch die Berichtigung nicht berührt werden (vgl. Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 319 Rdnr. 14, m.w.N.). So liegt es hier. Aus der Klagebegründung ergibt sich hinreichend, dass Ansprüche der Vertragspartnerin der Beklagten auf Schadensersatz wegen des streitgegenständlichen Transports geltend gemacht werden. Die Identität der Partei stand zum Zeitpunkt der Klageerhebung fest und blieb auch durch die Berichtigung gewahrt (vgl. BGH NJW 2009, 1293). Damit erweist sich auch die Kostenentscheidung des Landgerichts als zutreffend.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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V. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO. Inmitten der Entscheidung steht die tatrichterliche Würdigung des streitgegenständlichen Transportvertrags sowie das Verhalten der mit dem Transport beauftragten Personen.

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